Dies ist ein etwas anderer Blog. Ein Blog in Form eines Interviews. Und es betrifft eine junge Frau – Anna-Lena. Ursprünglicher Name? Elzi. Sie wurde als Findelkind in einem Kinderheim abgegeben. Später dann wurde sie als Baby von ihren zukünftigen Eltern nach Deutschland gebracht. Ihr Ursprungsland ist Afrika. Und das Beste daran: Sie möchte durch ihre Erfahrungen euch zukünftigen Adoptiveltern Mut machen. Oder auch den Eltern, die schon Eltern sind. Von Adoptivkindern.
Inhaltsverzeichnis:
Adoption im Ausland – das Findelkind Elzi:
Wie empfand sie die erste Zeit, soweit sie sich erinnern kann? Was denkt sie heute über ihre Adoption? Und wie steht sie ihrem Herkunftsland gegenüber? Mit diesem so anderen Start – von einer Welt in die andere?
So viele offene Fragen.
Ich finde Anna-Lenas Geschichte sehr bewegend. Und ihre Erfahrungswerte in der Zeitspanne vom Baby/ Kind bis hin zu einer erwachsenen Person so wichtig, dass ich ihr einen Blog widme.
Was ich toll finde: Anna-Lena, jetzt Anfang dreißig, möchte ihre Erfahrungen mit anderen Eltern teilen. Ihre Erfahrungen, Erinnerungen und Gefühle. Und ist für eure Fragen offen. Denn wer kann besser wissen, wie man sich fühlt, als eine betroffene Person?
Was ist das Besondere an diesem Blog?
Ich möchte es ja sowieso. Euch unterstützen. Und Mut machen, in verschiedene Richtungen zu schauen. Unbedingt. Und es ist mein Herzenswunsch. Das weißt du ja, denke ich. Aus gegebenen Anlass. ; )
Aber auch Anna-Lena möchte euch als zukünftige Adoptiveltern unterstützen, Fragen beantworten. Durch ihre eigene Adoption im Ausland. Das ist natürlich noch einmal etwas anderes. Anders gesagt: Mit dem Mehrwert der eigenen Adoption.
Also ist sie auch eine Mutmacherin. So wie ich : )
Das verbindet.
Und jetzt?
Nichts weiter als dass es davon nicht genug geben kann. Besonders an manchmal alltagsgrauen Tagen. Für das Wohl eines Kindes. Vielleicht deines Kindes. : )
Ihre Sicht ist eine etwas andere als meine. Eben die Sicht einer betroffenen adoptierten Frau. Erfahrung aus erster Hand sozusagen.
Fragen, die nur eine adoptierte Person beantworten kann. Und eben auch ermutigen kann. Und raten kann. In den meisten Fällen sicherlich zu einer Adoption im Ausland.
Denn eine Adoption im Ausland kostet neben Ausdauer, starken Nerven und Optimismus auch sehr viel Mut.
Aber das weißt du sicherlich. Oder wirst es vielleicht bald wissen.
Adoption Ausland Erfahrung: Wie Anna – Lenas Adoption im Ausland begann
Anna-Lena – früher Elzi – wurde als Findelkind in einem Waisenhaus abgegeben. In Afrika. In Äthiopien. Ihr Geburtsort, das Geburtsdatum oder die Herkunft ihrer Eltern waren und sind unbekannt.
Mehr wussten ihre späteren Adoptiveltern nicht über sie. Mehr weiß Anna-Lena selbst nicht über sich. Bis heute.
Der Adoptionstag ist seitdem ihr Geburtstag. Der Tag, an dem das Baby Elzi nach Deutschland kam. Für die Adoption im Ausland. Aus dem Ausland in diesem Fall. Sieben Monate nach der Abgabe im Waisenhaus. Seit der Taufe heißt Elzi Anna-Lena.
Wie muss es sein, wenn eine Person so wenig über die eigene Herkunft weiß? Über die Eltern, Verwandte, die Umstände? Und nur den Namen mitbringt?
Wie Anna-Lena ihre Suche nach ihrer Identität begann
Anna-Lena reiste 2017 mit ihrem Vater nach Afrika, um endlich mehr über ihre Wurzeln in Äthiopien zu erfahren. Mit nur wenigen Anhaltspunkten und nach so vielen Jahre kann es nur mehr als schwer sein, die Vergangenheit mit ihren vielen Wege aufleben zu lassen.
Hier findest du einen kurzen Auszug des Reiseberichtes von Anna-Lenas Vater. Er begleitete Anna-Lena während der wochenlangen emotionalen Reise in Äthiopien.
“Wir waren ja sehr viel in Anna-Lenas Kinderheim, nahezu täglich. Sich auf die Suche nach ihren Wurzeln zu begeben, hieß natürlich nicht nur, ihre leibliche Mutter oder besagte Frau Makeda zu finden.
Einfach an diesem wundervollen Ort mit seinen Menschen zu sein, war mindestens genauso wichtig. In der Küche zu sitzen, wo immer noch eine Frau arbeitet, die auch schon vor 29 Jahren dort war, war ein Genuss. Nicht nur wegen des Kaffees, der dort (nicht nur für uns) ausgeschenkt wurde. Oder die Injeras, die dort fast zu jeder Zeit auch außerhalb der Mahlzeiten für einzelne Kinder und Jugendliche (auch für uns) zusätzlich zu den offiziellen Mahlzeiten serviert wurden.
Auch bei solchen Gelegenheiten zeigte sich, wie sehr man miteinander ist. Man redet, lacht und macht gemeinsam; Spülen oder rote Linsen in Handarbeit von Steinchen oder Ungenießbarem befreien.
Auch so passiert Erziehung, auch so vermittelt sich Zugehörigkeit, Halt und Geborgenheit
Anna-Lena könnte viel von einem Gespräch am letzten Tag mit dem 16jährigen Semere erzählen. Ich hab nur ein paar Fetzen aufgeschnappt: Er ist als 10jähriger Straßenjunge ins Kinderheim gekommen. Eindrucksvoll fand ich, mit welcher Klarheit, innerer Ruhe und Zielgerichtetheit er sein Leben und seine Zukunft sieht. Und mit welcher Reife er die Jüngeren an die Hand nimmt, aber auch klare Grenzen aufzeigt und setzt. (…)
Die meiste Zeit haben wir Begleitung durch Rekik, eine junge Mutter aus Addis, die sich darauf spezialisiert hat, Ausländern und ihren adoptierten Kindern zu Kontakten zu ihren Müttern zu verhelfen. Sie arbeitet fast wie eine Dektektivin.
Bei Anna-Lenas Wurzeln sind wir bisher nicht sehr viel weiter gekommen, wenngleich allerdings bereits einzelne Details und auch das Vorgehen an sich bereits hilfreich sind. Ich fand das teilweise sehr bewegend.
Vorgestern war Anna-Lena zusammen mit Rekik in dem Viertel, in dem vermutlich die Frau wohnt(e), die Anna-Lena ins Kinderheim brachte, nachdem ihre Mutter sie aufsuchte, um dann abzutauchen.
Anna-Lena wollten einfach mit den Leuten sprechen, um ihre Identität herauszufinden
Am Tag vorher waren wir den offiziellen Weg gegangen und in einer Art Bezirksverwaltung gewesen, um uns dort zu erkundigen. Beides war bisher noch nicht erfolgreich. Die Leute meinten, Anna-Lena solle sich an den örtlichen Rundfunk wenden und auch über facebook einen Aufruf zu starten.” (…)
Wie unglaublich mühsam und emotional die Suche nach der eigenen Identität sein kann! Und sehr bewegend. Denn noch hat Anna-Lena ihr Ziel nicht erreicht. Noch nicht : )
Warum ich einen Blog über Anna-Lena schreibe
Viele Fragen beschäftigen mich immer mehr, seitdem ich von Anna-Lenas Geschichte weiß. Für Thaio. Auch wenn er sehr viel mehr über seine Herkunft weiß. Was natürlich ein Glück ist.
Aber seine Gefühle dazu, seine Erfahrungen? Darüber werden wir, die Eltern von Thaio, erst später erfahren. Wenn überhaupt.
Denn nicht alle Kinder interessieren sich als Jugendliche oder Erwachsene für ihre Wurzeln. Ob aus Angst oder aus Desinteresse ist oft nicht ganz klar. Wer weiß schon, wer die Verwandten sind? Und wie das Verhältnis mit ihnen sein wird?
Anna-Lenas Geschichte ist eine von vielen Adoptionserfahrungen. Und trotzdem eine besondere.
Denn viele adoptierte Frauen oder Männer wissen zumindest einen kleinen Teil ihrer Familiengeschichte. Adoption im Ausland – wer die Eltern oder zumindest – wer die Mutter war oder ist.
Die Adoption im Ausland – der erste Eindruck aus Anna – Lenas Sicht
Als Findelkind wurde ich von einer Frau abgegeben, die nicht meine Mutter gewesen sein soll. Da man nicht weiß, ob meine leibliche Mutter es vielleicht doch es selbst war, bleibt eine Unsicherheit.
Mit 3 Monaten kam ich in das Waisenhaus und war dort 7 Monate in sehr guten Händen, wie ich viele Jahre später feststellen konnte. Wodurch? Es konnte durch meine Unterlagen im Kinderheim festgestellt werden. Mein Alter wurde dann in Deutschland von einem Kinderarzt ca. auf 1 Jahr geschätzt, da es keine Geburtsurkunde von mir gibt.
Erste Erinnerungen? Leider kann ich mich nicht mehr genau erinnern.
Wenn ich aber die Fotos sehe, wie ich am Flughafen in Deutschland übergeben wurde, gibt es mir ein tiefes Gefühl.
Dieses tiefe Gefühl habe ich heute noch. Ich wusste instinktiv, dass sich mein Leben in diesem Moment mit der Adoption im Ausland ändern würde. Ich kann es nicht genau beschreiben, aber es sitzt einfach tief in mir.
In meiner Erinnerung kann ich mich nicht mehr an Vieles von meiner Umgebung erinnern. Außer das ich das Autofahren mochte. : )
Adoption im Ausland – viele offene Fragen und hilfreiche Antworten
Welche Situationen waren schwer für deine Eltern?
Anna – Lena: Ich glaube, es gab viele neue Situationen für meine Eltern. Zumal ich das erste Kind für sie war.Und dieses erste Kind war ein Waisenkind.
Meine Eltern waren sehr nervös vor der Adoption im Ausland: Würde ich das Essen mögen oder die Sprache schnell verstehe? Würde ich mich in die Umgebung gut einleben können?
War die Adoption im Ausland eine große Herausforderung für deine Eltern/ dein Umfeld? Gab es Meinungen von Freunden oder Verwandten, dass deine Eltern lieber nicht adoptieren sollten?
A.- L.: Die Herausforderung für meine Eltern war auf jeden Fall da.
So weit ich weiß, gab es keine negativen Meinungen aus dem Umfeld. Vielleicht auch, weil meine Adoptivmutter zu der Zeit keine Kinder bekommen konnte.
Wann hast du das erste Mal bemerkt, dass du eine andere Hautfarbe hast?
A.- L.: Als Kind habe ich früh gemerkt, dass ich aus einem anderen Land komme. Meine Eltern haben es früh kommuniziert. Wie genau sie es mir sagten, weiß ich nicht mehr.
Ich wusste aber schnell, dass ich bin anders als die anderen Menschen um mich herum bin. Und anders aussehe als die anderen Mitglieder in meiner Adoptivfamilie.
Hast du selber z.B. durch einen Blick in den Spiegel dein für Deutschland besonderes Aussehen bemerkt oder haben dich andere Menschen darauf aufmerksam gemacht?
A.- L.: Als Kind habe ich durch meine Haare oder Hautfarbe oft mehr Sätze von Erwachsenen gehört wie: „Du hast schöne krause Haare und so schöne braune Augen.“
Das hörte ich dann wahrscheinlich immer nur, weil meine Freunde im Gegensatz zu mir eher hellhäutig waren. Ich fand das trotz des Vergleichs eher positiv.
Wie haben deine Eltern dich nach der Adoption im Ausland gestärkt, um in schwierigen Situationen souverän zu reagieren?
A.- L.: Ich habe als Baby einen Platz in der Familie bekommen. Und wurde in meinen Stärken unterstützt und gefördert.
Zudem war ich früh schon sehr selbstbewusst und habe für mich wichtige Dinge verstanden.
Dadurch habe ich mir immer die Vorzüge vor Augen gehalten, um souverän mit schwierigen Situationen umgehen zu können.
Waren dir deine Adoptiveltern manchmal fremd? Vermisst du etwas?
A.- L.: Fremd waren mir meine Adoptiveltern nicht, aber das tiefe biologische Gefühl ist nicht da.
Ich habe meine Adoptiveltern. Aber mir wurde auch früh gesagt, dass ich noch andere Eltern in Afrika habe, die ich nicht kenne. Das gab und gibt für mich dann noch ein anderes Gefühl.
Was hätten deine Adoptiveltern besser machen können?
A.- L.: Ich habe nichts Spezielles vermisst. Allerdings hätten sie im Rückblick vielleicht noch mehr auf mein Geburtsland eingehen können. Weil ich kaum Kontakt zu Äthiopiern hatte. Einfach, um mir die afrikanische Kultur wie traditionelles Essen oder auch afrikanische Gottesdienste näherzubringen.
Hättest du gern aus Afrika adoptierte Geschwister gehabt?
A.- L.: Jetzt wo ich älter bin würde ich im Nachhinein schon sagen: Es wäre schön gewesen, Geschwister aus Afrika gehabt zu haben.
Warst du auch schon mal böse auf deine leiblichen Eltern, weil sie nicht für dich da waren? Oder dich abgaben, ohne Kontakt zu halten?
A.- L.: Ich bin schon sehr dankbar, dass ich das Glück hatte, hier zu sein. Ich denke nicht, dass ich böse auf meine leiblichen Eltern war. Aber ein Ungerechtigkeitsempfinden von nicht beantworteten Fragen ist bis heute da.
Alle adoptionsinteressierten Personen oder Paare sollten sich vor jeder Adoption im Ausland bewusst machen: Das Kind, was man in das eigene Heimatland mitnimmt, reißt man auch aus seiner Kultur. Trotzdem hat es meiner Meinung nach für beide Seiten aber viel mehr Positives.
Hattest du schon einmal durch die Adoption im Ausland Identitätsprobleme?
A.- L.: Identitätsprobleme kommen immer mal wieder. Denn eine wahre biologische Identität ist mir quasi genommen worden. Ich habe dafür eine neue deutsche bekommen.
Somit stellt sich für mich bis heute manchmal immer noch die Frage, wer bin ich.
Und was wäre aus mir geworden, wenn ich in Äthiopien geblieben wäre. Statt durch eine Adoption im Ausland in Deutschland zu leben.
Wann und warum hast du versucht, deine Eltern (oder nur Mutter oder Vater) zu finden?
A.- L.: Vor 2 Jahren habe versucht, meine Eltern zu finden. Um zu wissen, was genau damals der Grund des Abgebens war.
Aber auch um zu wissen, ob meine Eltern heute noch Leben sind. Denn ich wollte sie auch wissen lassen, dass es ihrem Kind heute sehr gut geht.
Was für gute Erfahrungen hast du durch deine Geschichte und durch die Adoption im Ausland machen können? Wirst du bewundert?
A.- L.: Es ist schon eher selten, dass man zufällig auf adoptiere Menschen trifft. Bewundert werde ich eher, weil ich so stark und positiv damit umgehe.
Ich kenne inzwischen aber auch einige adoptierte Afrikaner aus meiner Heimatstadt. Allerdings mögen nicht alle gern über ihre Vergangenheit oder ihre Auslandsadoption sprechen.
Hast du ungute Erfahrungen sammeln müssen bzw. wurdest du geärgert?
A.- L.: Tiefe bleibende schlechte Erfahrung habe ich zum Glück nicht machen müssen. In der Stadt, in der ich aufwuchs, gab es viel Toleranz. Auch in meiner Schule. Selten wurde ich geärgert oder hörte dumme Worte.
Wenn du andere Personen siehst, die eine dunkle Hautfarbe haben, gibt es das Gefühl von Gemeinsamkeit?
A.- L.: Wenn mich andere farbige Menschen grüßen, denke ich schon, dass sie mich ihrer Meinung nach als ihre Schwester grüßen. Durch ihren Glauben an Gemeinsamkeit.
Ich habe es aber erst verstanden, als ich das erste Mal für ein dreimonatiges Praktikum in Ost-Afrika war.
Ich fühle mich auch in Afrika sehr wohl. Ich habe mittlerweile viele Reisen dorthin gemacht. Dadurch merke ich, dass ich dort meine Wurzeln oder Identität ein Stück weit wiederfinde. Das Gefühl der Gemeinschaft ist dort ausgeprägter als in der westlichen Welt. Das spürt man sehr.
Wie haben deine Eltern gegenüber Freunden und Bekannte reagiert, wenn es um das Thema Adoption im Ausland ging?
A.- L.: Wie meine Adoptiveltern reagiert haben, weiß ich nicht genau.
Allerdings gab es einige Rechtfertigungen. Und Erklärungen. Z.B. wenn meine Eltern gefragt wurden, warum ihre Tochter denn dunkel sei. Und ob ich zur Familie gehöre.
Wenn solche Fragen positiv gemeint sind, kann ich sie sogar verstehen.
Und aus anderer Sichtweise betrachtet: Dunkelhäutige Eltern leben beispielsweise in Afrika mit einem weißen Kind. Wenn man sich die Situation von der anderen Seite vorstellt, würde es sicherlich ähnliche Fragen geben.
Wie haben deine Adoptiveltern bei Fremden reagiert, wenn das Thema Adoption im Ausland aufkam?
A.- L.: Im Urlaub mit unbekannten Menschen weiß ich, dass es auch negative Reaktionen gab. Oder abwertend gefragt wurde, …“ ob die da auch dazu gehört“.
Ich selbst mache es immer abhängig von den gestellten Fragen. Bei ehrlich interessiert gemeinten Fragen oder wenn Ungewissheit herrscht, erkläre ich gern meine Situation.
Wenn es negativ gemeint ist, blocke ich einfach schnell ab. Denn ein Gespräch führt dann oft zu nichts.
Wie stellst du dir die Zukunft vor, möchtest du auch ein Kind adoptieren?
A.- L.: Ich kann mir gut vorstellen, ein Kind zu adoptieren. Ich selbst als adoptiertes Kind habe vielleicht sogar noch einmal mehr den Wunsch, mich biologisch selber fortzupflanzen. Um meine Gene und auch das Aussehen in der Familie weiterzugeben. Was ich selber nie hatte. Eine biologische Familie.
Aber ein Baby zu adoptieren, könnte ich mir auch gut vorstellen. Und auch ich bin offen. Es kann auch gern blond sein. Dann wäre es die gegensätzliche Situation zu meiner jetzigen.
Hattest du deinen Eltern irgendwann einmal gesagt, dass sie dir nichts zu sagen haben bzw. nicht über dich bestimmen dürfen? (z.B. in der Pubertät?)
A.- L.: Ja, in der Pubertät als Jugendliche war es schon schwer. Und selbst, als ich dachte, sie sind vielleicht nicht meine richtigen Eltern: Sie bleiben das trotzdem.
Streit gibt es in der Pubertät so oder so. Ob adoptiert oder nicht. Ich bin meinen Eltern einfach sehr dankbar für alles und würde ihnen auch nicht irgendetwas vorwerfen. Es wäre einfach sehr verletzend.
Aber ich war auch sehr dickköpfig und selbstbewusst in meiner Jugend. ; )
Gab es besonders schöne einzigartige Momente, die du durch deine Vergangenheit und beziehungsweise die Adoption im Ausland erleben konntest?
A.- L.: Schöne Momente sind es dann, wenn ich denke, es geht mir nicht so gut. Dann sehe ich, was für ein Glück meine Adoption im Ausland war: Ich wuchs als Kind in Deutschland auf und bekam alles, was ich brauchte. Dafür kann ich dankbar sein.
Dafür, das ich ein auserwähltes Kind auf Erden war, um auf der richtigen Seite der Welt aufzuwachsen. Diese Sicht hatte ich aber erst später.
Seit dem ich weiß, wie viele Kinder und Jugendliche in anderen oder ärmeren Ländern leben müssen. Auch in Europa.
Beunruhigte dich der Gedanke schon einmal, eine Familie zu haben, die du nicht kennst?
A.- L.: Ja, der Gedanke ist bis heute präsent. Er beunruhigt mich aber nicht, sondern macht mich neugierig.
Denkst du manchmal daran, dass auch Mitglieder deiner Herkunftsfamilie dich suchen könnten?
A.- L.: Ja, ich denke schon. Vorausgesetzt, man weiß, dass es mich gibt. Ich weiß nicht, wie die Familienkonstellation war, als ich geboren wurde.
So ist mir auch nicht bekannt, ob es Geschwister gab oder einer Person, die nach mir suchen wird. Es ist aber auch leider sehr unwahrscheinlich, dass mich z. B Geschwister oder andere Familienmitglieder finden, da es durch die Adoption im Ausland weder Papiere noch Anhaltspunkte von mir gibt.
Mir fehlen also auch die ersten 3 Monate meines Lebens.
Sie fehlen nicht nur mit Fotos, sondern einfach auch mit Erinnerungen oder Erzählungen. Ich würde mich aber freuen, wenn es doch eines Tages klappen würde.
Gerade das wollte ich mit meiner Reise in meine Geburtsstadt herausfinden.
Ich habe zwar meine biologischen Eltern und die Frau, die mich im Kinderheim abgab, nicht gefunden. Dafür habe ich aber das Land kennengelernt. Das Land, in dem mein Leben begann.
Was wäre, wenn sie unerwartet Kontakt zu dir aufnehmen würden? Wie würden deine Eltern vermutlich darauf regieren?
A.- L.: Meine Eltern haben mir immer gesagt, sie würden mich immer unterstützen. Und sich freuen, wenn ich meine Eltern finde.
Vielleicht ist die Verlustangst bei meinen Adoptiveltern immer da. Gerade dann, wenn dann doch ein Elternteil oder beide leiblichen Eltern gefunden werden. Für mich wäre es aber, glaube ich, nur eine Bereicherung.
Wie stellst du dir im Besten Fall deine Zukunft in Hinblick auf (d) eine Familie vor?
A.- L.: Ich stelle mir im meinem Idealfall eine Familie vor mit 2- 4 Kindern vor. Ich wollte schon immer eine große Familie haben.
Ein bisschen mehr Action hätte ich damals schon gerne gehabt. Mit einem Geschwisterteil war es eher sehr ruhig. Da ich Kinder schon immer mochte, freue ich mich darauf.
Ich würde sie gerne international aufwachsen lassen.
Bist du manchmal traurig, dass du deine Wurzeln durch die Adoption im Ausland nicht kennst? Fühlst du dich dadurch benachteiligt?
A.- L.: Benachteiligt fühle ich mich dadurch nicht. Die Reise in meine Heimat war schon eine große Hilfe. Und ich habe ja auch hier eine neue Identität bekommen. Ich kann mein Leben nicht ändern. Die Adoption war ja mit meinen 10 Monaten nicht meine Entscheidung.
Ich muss damit leben, meine Wurzeln nicht zu kennen.
Und mit einem positiven Blick und mit Humor gesehen: Ich habe das Privileg, aus einem anderen Land zu kommen und doch sehr deutsch zu sein.
Wurdest du schon mal gemieden oder z.B. nicht eingeladen, weil du nicht unbedingt typisch deutsch aussiehst?
A.- L.: Nein, das hatte ich nicht. Aber wenn da ein Verdacht durch die Adoption im Ausland besteht, würde ich es einfach ganz direkt ansprechen. Das ist oft das Beste für beide Seiten.
Musst du dich oft erklären, warum du perfekt Deutsch sprichst?
Ja, fast jede Woche muss ich jemandem erklären, warum mein deutsch so perfekt ist. Meine Antwort ist dann immer: “Ihres aber auch… Dann wird auf beiden Seiten gelacht. Damit hat sich die Frage damit von selbst beantwortet. ; )
Als du in Afrika nach deinen Wurzeln gesucht hattest, war es ein besonderes Gefühl, nicht aufzufallen? Wurde es dir überhaupt bewusst?
A.- L.: In Äthiopien bin ich nicht aufgefallen, weil die jungen Frauen dort auch sehr westlich angezogen sind.
In anderen afrikanischen Ländern sehen dann doch viele der Einheimischen, dass ich nicht aus deren Land bin. Dort wird oft traditionelle Kleidung bevorzugt. Dort fragt mich die Leute dann, aus welchem Land ich kommen. Sie sagen dann oft, wie nett und hübsch ich sei.
Was würdest du aus deiner Sicht als adoptierte Frau anderen Eltern raten, die gern das Abenteuer „Adoption im Ausland“ wagen wollen?
A.- L.: Ich würde erst einmal nichts raten, denn ein Kinderwunsch kommt von Herzen und aus dem Inneren.
Man sollte allerdings über alle Eventualitäten in Bezug auf eine Adoption im Ausland Bescheid wissen. Denn auch noch später können negative Folgen in der Entwicklung des Kindes auftreten.
Ich selber habe auch noch keine Kinder. Aber ein Kind zu adoptieren ist doch eine besondere Situation. Es stellen sich viele Fragen, auch für die Kinder. Nicht alle Fragen, die auftreten, können schnell beantwortet werden.
Wie würdest du dir deine Hilfe vorstellen, wenn zukünftige ratlose Eltern zu dir kommen würden?
A.- L.: Wenn ratsuchende Eltern zu mir kommen würden, müsste ich erst einmal wissen, welche Fragen sie an mich haben. Ich würde Fragen in Bezug auf eine Adoption im Ausland aus meiner Sicht versuchen zu beantworten. Und bei Glück kann ich ihnen mit meinen Antworten weiter helfen. Und Mut machen. Deshalb auch dieser Blog.
Ob es Menschen sind, die sich auf dem Weg zu einer Adoption befinden, oder aber Adoptiveltern, die mitten in ihrem Familienalltag stehen. Ich würde versuchen, Ängste zu nehmen. Und soweit ich es kann, zu helfen. Mit meinen Erfahrungen. Das ist mir eine Herzensangelegenheit.
Zu guter Letzt…
Erst einmal vielen lieben Dank, liebe Anna-Lena. : )
Es ist so schön zu wissen, dass du deine kostbare Hilfe anbietest!
Und es freut mich sehr für euch – für die zukünftigen Adoptiveltern oder die Eltern von euch, die schon den Weg der Adoption gegangen sind.
Ob bei einer Auslandsadoption oder bei der Adoption in Deutschland. Denn auch hier in Deutschland sind nicht immer alle Wurzeln zurückzuverfolgen.
Wenn ihr Fragen an Anna-Lena und ihre Geschichte habt, schreibt einfach. Sie würde euch sehr gern weiterhelfen. Das hat sie mehr als einmal beteuert. Auch bei schwierigen Fragen in Bezug auf ihre Erfahrungen.
Für lachende Kinderaugen. Und Eltern, die einen oft schwierigen Weg gehen. Für ihren Kinderwunsch. Und für ein Kind irgendwo auf dieser Erde, was warmherzige Eltern sucht.
Ganz liebe Grüße an euch alle und:
viel Mut bei eurem Kinderwunsch! : )
Bärbel